Sonntag, 17. April 2005
Steuererklärung
soll ich machen. Besser muß ich machen. Der Staat will es so. Kriegen tu ich dafür nichts. Mein Job ist daran schuld, gewußt habe ich das lange nicht. Brav viel Geld ausgegeben für "Können Sie eh von der Steuer absetzen". Daß das nicht bei jedem Job geht, wußte ich nicht. Das hab ich erst bemerkt, als ich einmal überm Limit verdient hab (seitdem bastel ich jedes Jahr das Mistding) und mich letztes Jahr jede und jeder wegen Negativsteuer nervte. Selbst die bekomm ich nicht. Und Unfall gemeldet bin ich auch nicht mehr - das ist neu, dank Job. Dank Sozialministerium.

Das ist nicht ganz korrekt. Zweimal im Jahr wird zusammengerechnet und, wenn ich einen bestimmten Betrag verdient hab, rückwirkend!!!! angemeldet. Es kann sich wohl jeder ausmalen was das heißt. Sich rückwirkend selbstversichern geht aber nicht. In Gedanken mal ich mir immer wieder aus, ein einziges Mal nur zu einem Arzt zu sagen: "Wer Sie bezahlen wird, sehen wir rückwirkend am Stichtag". Gespräch mit meiner tollen Betreuerin bei der Versicherung. Ratlosigkeit auf beiden Seiten, sie ist entsetzt.

Manche Politiker haben wirklich keine Ahnung vom realen Leben. Gleiches gilt auch für Studiengebühren. Diskussionen darüber, daß man längst fertig sein könnte sind sinnlos, wenn man nicht fertig ist. Diskussionen wie man das Geld auftreiben soll, neben her auch noch Rechnungen bezahlt, keine Schulden macht und dann noch mit der Bürokratie zu tun hat, will fast niemand. Ich kann das verstehen. Ich will auch nicht mehr.

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Re: nichts von belang II
Eine Stunde später ruft er an und erzählt stolz, was er gemacht hat. Den ganzen Käfig gereinigt und alles eingeweicht. Ich bin gerührt, der Kleine liegt ihm wohl doch sehr am Herzen. Komplett Reinigung mache sonst eigentlich nur ich. Er klingt viel besser. Taumeel hat er ausgegraben. Er hat sogar Kresse angesetzt. "Zwei Stück." Ich bin noch mehr gerührt. Käfig ist mit Zeugs vollgestopft.

Gut, bring ihm nur bei was er tun muß um mehr Futter zu bekommen. Ich muß lachen. Er strahlt wieder. "Ha", sagt er, "und jetzt spuckt er auch nicht mehr". Meine Rede, Pawlow läßt grüßen. Er wird ihn weiter im Auge behalten, vllt war's wirklich nur harmlos, ein Verschlucken - meine erste Vermutung. Er entschuldigt sich noch mal, erklärt seine Panik mit Erinnerungen an den noch immer schmerzenden Verlust. Ich versteh das, er muß nix erklären. Er soll mir nur nicht immer so einen Schrecken einjagen. Ich denk weiterhin positiv und hoffe, daß das Taumeel wirkt.

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Die Autosache
Der Sonnenschein ist wieder glücklich. Seit Wochen das erste Mal wieder gut gelaunt und nicht deprimiert. Er hat sich verliebt. In ein Auto. Das muß er haben - Neuwagen versteht sich. Ich verbiete mir die Überlegung wieviel Geld das in realem Geld ist und was man damit tun könnte. Ist schließlich auch nicht meines. Viel billiger als Listenpreis schwärmt er. "Machst Du aber eh eine Probefahrt?", will ich von ihm wissen. Nein, zu weit weg. Gut, er ist alt genug, ich versuch mich fast gar nicht einzumischen, frage nur, ob er das mit seinem Vater schon beredet hat und was dieser dazu meint. Probefahrt finde ich wichtig, zumal der Sonnenschein kein Zwerg ist. Bei der Größe sollte man schon ausprobieren, ob man reinpaßt, der Mini war auch zu kurz.

Begeistert schickt er mir einen Link, damit ich den Wagen bewundern kann. Traurig denk ich an den alten Polo. Der bleibt aber in der Familie, ich bin beruhigt. Telefonisch weist er mich an, bis ich bei dem Wunschauto lande. Ich bin ein wenig unruhig. "Du", sag ich, "ich will Dir ja nicht zu nahe treten, aber... Du machst das doch nicht aus Verzweiflung um Mädels aufzureißen, oder?" Wildes Verneinen am anderen Ende der Leitung. Das Auto sieht sehr nach Potenzkrücke aus. Ich erwähne das auch vorsichtig. Er bestreitet erneut. Gut, ich will ihm glauben, doch ganz vergessen kann ich die wenigen verzweifelten Worte, die ich nach langer Zeit aus ihm rausgebracht habe, nicht. Die Frühlingsdepression hat ihn voll erwischt, viel mehr Frühlingsgefühle und niemand dazu. "Ich will nicht mehr allein sein", bricht es vor einem Monat aus ihm raus. TJA - wer hat denn das verbockt? Aber das ist eine andere Geschichte.

Ich freue mich, daß er endlich wieder fröhlich ist, etwas hat, worauf er sich freut. Und dann, zwei Tage später der Einbruch. Der Händler meldet sich nicht. Er hat wo gelesen, daß es den Wagen nicht mehr lange geben wird. Er sitzt in einem schwarzen Loch. Ich rede auf ihn ein, beschwöre was von positiven Gedanken, nicht alles schwarz anzumalen, dem Händler paar Tage Zeit zu geben.

Gestern der Anruf, seine Ausgelassenheit wirft mich fast um. Mit dem Händler ist alles fix, seine Fröhlichkeit scheint förmlich durch die Leitung durch. Mal sehen was sein wird. Ich hoffe nicht, daß er sich durch das Auto verändern wird, bei manchen hab ich das leider schon erlebt.

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Re: nichts von belang
Das Telefon läutet. Es ist kurz vor 9h. Der Sonnenschein ist dran und ich höre am "hallo", daß etwas nicht stimmt. Was passiert ist, frag ich. Mit Grabesstimme nennt er den Namen eines Haustiers und sagt sonst nichts. In mir steigt die Panik los. Ich versuche ruhig zu bleiben, noch weiß ich nicht was geschehen ist. Ich drängel, möchte wissen was passiert ist. "Er würgt", sagt er verzweifelt. Die allerschwärzesten Gedanken fallen von mir, zumindest lebt der Zwerg.
Erinnerungen steigen hoch, das Ganze hatten wir schon mal vor zwei Jahren. Gut ausgegangen war es nicht, nach einem halben Jahr war der Kampf verloren. Am Tag nach seinem Besuch bei mir. Ich bin bis heute froh, daß er dabei war. Er hätte es mir angelastet, wenn es ohne ihn passiert wäre. Seit dem hat er eine super Ausrede, wieso ich immer nur die Fahrt auf mich nehmen soll.

Ich versuche ihn dazu zu bringen positiv zu denken. Mit dem Auto hat das ja auch geklappt ist mein Argument. "Ich mag nicht mehr", sagt er, "diese blöden Tierärzte..." Ich sage nichts, kann ihn aber teilweise verstehen. Er war damals viel zu spät das erste Mal zu einem Tierarzt gefahren. Aufgefallen war es zunächst auch nur mir, aber vllt beobachtet man Tiere ein wenig genauer, wenn man sie nicht täglich sieht. Erst als ich nach Wochen gedroht hab selbst hinzufahren und den Ausdruck vom Routenplaner auf den Tisch legte. Die Wahl des Arztes war wohl nicht die beste. Das erste Mal war ich mit, wegen Nerven und Weg suchen, und redete während der Fahrt beruhigend auf den Zwerg ein. Als wir vor dem superdurchgestylten Haus ankommen, beschleicht mich der Gedanke, daß wir wohl viel Geld da lassen werden. Später setzte ich die Besorgung eines Transportkäfigs durch. Besser so, als in einer dunklen Kiste. Die nächsten Male mußte er alleine hin und setzte sich nicht durch, bekam nicht mal den Mund auf. Den Ärger sparte er sich bis zu Hause auf und ich bekam es dann am Telefon ab. Außer Spesen nichts gewesen.

Ein paar Monate später entdeckte er eine Tierärztin gleich eine Straße weiter. Der nächste Versuch. Diesmal fragte er aber gleich nach den Kosten, bevor etwas passiert. Laborbefund brauchen wir keinen neuen, es ist klar, was los ist. Kurz vor Weihnachten war der Zwerg ein extremes Leichtgewicht. Da rief er mich ziemlich früh an. Es war ein Samstag, Tierarzt will er nicht mehr, schafft er nicht mehr. Er war sehr verzweifelt und seine Stimme ertrank fast in den Tränen. "Nimm ihn raus und leg ihn mit einem Tuch auf Dich. Laß ihn Dich spuren und sei bei ihm", mehr kann ich nicht tun, ich bin zu weit weg. Es dauerte nicht lange bis es vorbei war. Telefonisch gebe ich Beerdigungsvorbereitungen durch, tröste, erkläre wo ein passender Schuhkarton steht und daß seine Eltern sicher Verständnis haben, wenn er den Kleinen im Garten vergräbt.

Zwei Wochen lang überlegte er, ob er das zurückgelassene Tier nicht besser weggibt. Ich setzte mich durch, er darf bleiben und ein neuer Zwerg würde einziehen. Welch ein Drama. "Du suchst ihn aus", sagte er. Wieso ich? Bei mir wird der Zwerg nicht leben. Er muß ihn doch mögen.
Wir sind in sehr vielen "Zoofachgeschäften", sehen sehr viele Kandidaten. An einem bleibt sein Herz hängen, doch der ist seit 2 Wochen reserviert, aber noch nicht abgeholt. Die Dame ist so nett dort anzurufen und nachzufragen. Es bleibt dabei, das Tier ist nicht frei.
Nach viel hin und her stehen wir in meinem Lieblingsgeschäft. Zwei Jungtiere toben im Käfig herum. Er will den einen, mir gefällt der andere besser. Er mault. Jaja, soweit dazu, daß ich aussuchen soll. Die Dame packt den einen in die Schachtel. Ich maule. Gut, sagt er und gibt der Dame Anweisung doch den anderen einzupacken. Ich bin glücklich, vor allem für den einsamen Zwerg zu Hause.
Am Weg zu Auto geht die Diskussion los. "Du trägst ihn" war das erste - der eine wäre viel besser, viel schöner - nicht das letzte was ich höre. Nach 20 Metern reicht es mir. Ich biete an sofort zurückzukehren und das Tier umzutauschen, noch ist es nicht zu spät. Er bleibt stur, wie immer und ich weiß, daß ich das noch ausbaden werde.

Der Zwerg ist die ersten Tage ein ganz armer. Niemand liebt ihn. Nur ich. Der Sonnenschein hat kein liebes Wort für ihn über, er sieht ihn immer nur verächtlich an, der eine wäre besser gewesen. Der ältere Zwerg hat eine Panik vor dem Kleinen, die nach anfänglicher Belustigung mir viele Sorgen macht. Der Babyzwerg und ich sind allein. Er bekommt keinen Namen, ich sage einstweilen "Baby" zu ihm. Er tut mir leid, ich habe ihm das eingebrockt. Er ist sehr süß. Obwohl noch ein Jungtier, ist er um einiges größer als der jetzt erste. Im Geschäft sah er so klein aus. Ich verbringe viel Zeit mit ihm, aber auch mit dem anderen. Immer wieder versuche ich dem verschreckten Zwerg zu zeigen, daß der Neuling ganz harmlos ist. Ich fühle mich schrecklich, tagelang hör ich kein gutes Wort über den Kleinen - soviel dazu, daß ich ihn aussuchen sollte.

Nach wenigen Tagen beruhig sich der Hasenfuß. Einmal unabsichtlich, dann sehr vorsichtig nähert er sich dem Neuzugang. Das Eis ist bald gebrochen, schnell sind sie ein Herz und eine Seele. Er lehrt ihn jeden Unsinn, der nicht gemacht werden soll. Mir geht es besser. Der Sonnenschein kann sich noch immer nicht mit ihm anfreunden. Ich beschließe, daß ein Name her muß. Der Sonnenschein ist unwillig, aber befürwortet, daß nicht "Baby" am Zwerg hängen bleibt. Ich suche einen Namen aus, er paßt ihm nicht. "Dann mach Du". Murren, Unwille. "Das ist ein vorläufiger Name, wenn Du einen besseren hast, benennen wir ihn um." Er geht darauf ein. Bis heute gibt es keinen anderen Namen. Ich fühle mich dem Zwerg sehr verbunden, ich mochte ihn lange bevor sonst wer ihn mochte, ich gab ihm einen Namen und verbrachte viel Zeit mit ihm. "Du magst ihn überhaupt nicht", sage ich. "Dann hätte ich nicht Zeit mit ihm verbracht", sagt er. Klar sagen, daß er ihn mag, oder zumindest gut findet, tut er nicht.

Der Kleine bleibt immer ein Sorgenkind. Verletzt sich ein Beinchen. Humpelt wie ein alter Pirat über eine jede glatte Oberfläche drüber. Tock Tock, hört sich wild an. Der Sonnenschein will nicht zum Tierarzt. Dann nicht - ich gebe auf. Verbringen mal wieder Stunden über Stunden im Internet und suche nach Informationen.

Und jetzt das. Das trifft mich sehr. Er sagt nichts weiter, er hat sehr üble Laune und meint, er müsse sich jetzt ablenken. So nicht, denk ich mir. "War das alles? Mir so einen Schrecken einzujagen und dann auflegen. Kein liebes Wort, kein gar nichts?" Er reagiert nicht, ich lege auf.

Zehn Minuten später ruft er noch mal an. Er entschuldigt sich. Er ist ruhiger. Er soll mal die Liste mit den Tierärzten, die mit so was Erfahrung haben, suchen, die ich in weiser Voraussicht auf seinem Puter hinterlassen habe. Schließlich taucht die Datei auf. "Da ist noch Taumeel in der Kiste", sage ich. Ein Versuch wäre es wert. "Das ist doch schon alt" - "Wie, alt? Das hab ich doch teuer gekauft, Du hast das nie benutzt" - "Dann ist es abgelaufen" - "Schaust Du bitte mal nach??"

Wenigstens ist er bereit zum Tierarzt zu fahren, oder er will nur seine Ruhe haben, als er ja sagt. "Schick mir mal die Liste, ich check die noch mal durch", sage ich und weiß, daß sie in Ordnung ist. Sonst wär sie nicht da. Er schickt mir die Liste mit einem alten Betreff. Freud läßt grüßen. Ich verlange von ihm positiv zu denken, den Zwerg nicht gleich aufzugeben. "Es erinnert mich zu stark", sagt er, es war sein Liebling und wird es immer bleiben. Ich frage nicht, seit wann das so geht. Beim Lieblingszwerg ist das auch zunächst nur mir aufgefallen, er hatte das als Hirngespinst abgetan.
Ich tröste ihn und sage, daß andere Zwerge das überlebt haben. Mach die ganze Zeit nichts anderes, mehr kann ich nicht tun. Nicht mal heute noch in den Flieger springen. Morgen muß ich zu den Hundis. Das letzte Mal, und absagen geht jetzt nicht mehr. Ich hoff, der Sonnenschein macht sich bald auf und erwischt einen guten Arzt. Ich denke fest an den Zwerg, er muß es schaffen.

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