Mittwoch, 19. August 2009
Reflexionen und ganz alte Geschichten
War dann doch alles wieder ganz anders, als befürchtet. Lag auch daran, daß ich wohl wirklich auch soweit über alles hinweg bin, daß ich wieder freundlich sein konnte. Im Herbst werden es 15 Jahre und jetzt ists gut. Aber das ist nichts, was jemand andrer für einen entscheiden kann. Ich wärm hier auch nix auf. Es muß von einem selbst kommen, ab wann etwas wieder geht. Um ehrlich zu sein, viel früher wäre es wirklich nicht gegangen. Jetzt kann ich auf die Narben blicken und es reißt nichts auf. Vor zwei Jahren war das einfach noch nicht drin.

Es war sehr lustig, ich habe viel gelacht, viel zu gehört und es war wirklich schön.

Und doch ein wenig Wehmut. Kein Neid.
Jedoch, sie hatten immer Glück. Mit allem. Bei uns war es nicht so. Schon meine Großmutter hatte als Mädchen nicht die gleichen Vorzüge wie ihr Bruder genossen. Damals hatten Mädchen eine simple Ausbildung, weil dann eh erwartet wurde, daß sie die perfekte Hausfrau, Mutter und Gesellschafterin wurden. Bis dahin war dann trotz Krieg auch noch alles gut. (Sag ich jetzt so, wars natürlich nicht, das soll nur heißen, die Chancen waren, auch wenn anders, noch immer da.)

Meine Großmutter hat ihren Mann durch Studium gebracht, dann geschuftet um die Praxis zu erhalten etc. Aber dann wurde meine Großmutter sehr krank. Und es sah lange so aus, als würde sie sterben. Eigentlich hat man das auch von ihr erwartet. Zu der Zeit hat niemand diese Krankheit überlebt. Jedenfalls hat sich da mein Großvater ein neues Nest gesucht. Meine Mutter, damals zwölf, hat sich allein zu Hause um den jüngeren Bruder gekümmert.
Und eines Tages kam der Vater mit 3 Koffern heim und zog aus. Einfach so. Meine Großmutter überlebte trotz allem und kam wieder heim.

Und ab da war alles anders. Mein Großvater verschwand mit seinem Pantscherl und nahm den sozialen und finanziellen Status mit sich. Und seitdem strampeln wir.

Die andre Hälfte der Familie hatte alle Möglichkeiten, alle Türen standen offen. Gute Verbindungen etc. Durch den Weggang meines Großvaters wurde das alles für meine Mutter und ihren Bruder unmöglich.

Jetzt stehe ich lauter Menschen gegenüber, bei denen der geringste Titel ein Dr. ist. Alle international bekannt, alle begehrte Könner auf ihrem Gebiet. Spezialisiert, sehr gefragt und dekoriert.

Und ich? Zweite Generation ohne Vater. Auch diesmal den sozialen und finanziellen Status verwehrt.

Er erzählt, daß er seinem Sohn dieses Monat schon 1000 Pfund überwiesen hat. Davon lebe ich über 3 Monate - noch länger, soviel VERDIEN ich noch nicht mal in 3 Monaten (bei 2 Jobs).
Er erzählt von den Fortgehgewohnheiten des Sohnes. Hier 20 Pfund Eintritt, da um 100 Pfund einen Tisch reserviert. Der verpraßt an einem Abend mehr Geld als ich in einem Monat zur Verfügung hab.

Es ist kein Neid. Gar nicht. Es ist nur doch immer wieder ein Spiegel, was ich - in abgewandelter Form - alles hätte haben und erreichen können.

Ich habe zwei Jobs. Und erhalte mich seit langer Zeit selbst. Sorge für mich, halte die Wohnung in Ordnung, zahle meine Rechnungen pünktlich und habe keine Schulden. Aber mir klopft niemand auf die Schulter und sagt gut gemacht. Es zählen nur die Noten und akademische Titel. Davon kann ich nichts vorweisen.
Daß ich nicht untergeh, das zählt nicht. Zumindest besteht es nicht. Keinen Vergleich, gar nichts.
Es ist kein Neid. Es macht mich nur manchmal sehr traurig, um was mich 2 Männer in meinem Leben bewußt gebracht haben.

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"...es war sehr lustig, ich habe viel gelacht, viel zu gehört und es war wirklich schön..."
... und es war sehr wichtig, dieses, für dich so schmerzhafte kapitel zu entspinnen und emotionslos im kammerl ff abzulegen. ich freu mich mit dir, das du die begegnung so gut über die bühne gebracht hast...

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Dann klopfe ich Ihnen mal auf die Schulter: Sie machen das toll und sind toll! Sie haben nicht von Anfang an alles in den Hintern geschoben bekommen und meistern trotzdem ihr Leben, das ist viel wert!
Und wer nur wegen seiner Titel den Kopf hoch tragen kann, ist ein armer Tropf.

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Umso stolzer können Sie auf alles sein, was Sie geschafft haben !!!!

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@all: danke für die lieben Worte

Na ja, also die haben alle Gewaltiges geschafft.

Aber es ist doch einfacher mit guten Voraussetzungen was zu schaffen. Wenn man im Elternhaus immer gefördert wird (weil auch genug Kohle da ist), immer wieder mit interessanten Menschen konfrontiert wird, einfach ein gewisser Stil auch vorgelebt wird, (dann auch noch genug einflußreiche Leute kennt) behaupte ich, ist es doch sehr viel anders, als wenn man nur rumstrampelt (und vom eigenen Vater jahrelang vor Gericht gezerrt wird).

Es war gestern wirklich sehr sehr nett und ich bin froh, daß ich mitgefahren bin. Aber vor zwei Jahren wär das für mich einfach noch nicht möglich gewesen, da wär alles frisch aufgerissen.

Jetzt, wer weiß, vllt krieg ich auf diese Weise ein wenig Familie zurück. Die Cousine meine Mutter mag ich seit jeher unheimlich gern, aber ich kenne weder ihre noch die Kinder vom Cousin (ja, der älteste bei dessen Taufe *gg* - der hat jetzt sein Master schon fertig). Wir werden sehen. Jedenfalls wird das jetzt alles etwas entkrampfter für mich werden (hoff ich). Und wenn nicht, dann nehm ich wenigstens den alten Ärger nicht mit ins Grab.

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