Mittwoch, 28. November 2007
Bis ans Ende gesoffen
Seit ungefähr zwei Wochen liegt er im Krankenhaus. Endlich denk ich, da er seit Jahren bestreitet, Entzug, Pflegeheime etc werden verweigert, und sage nichts. Ich bin nur Zuhörer. Schon sehr lang.
Er ist in der Wohnung gefallen und hat sich verletzt. Die Heimhilfe eine Stunde pro Tag reicht nicht mehr aus. Die Ärzte wollen ihn aus dem Spital werfen – und was dann?
Sie hätten die Wahl – entweder nach Hause, dort umfallen, am Erbrochenen ersticken, oder im Krankenhaus bleiben, Lungenentzündung bekommen, Exidus.

Was für eine Entscheidung. In der Zwischenzeit hat sie sich darum gekümmert, daß die Pflegestufe erhöht wird, damit er einen Heimplatz bekommen kann.
Freitag erzählt sie dann, daß er auf der Intensiv im künstlichen Tiefschlaf liegt. Doppelte Lungenentzündung. Eine Rippenverletzung, die die Lunge in Mitleidenschaft zieht, wurde bei der Erstbehandlung übersehen.

Heute wacht er langsam aus dem Tiefschlaf auf, kämpft gegen die künstliche Beatmung. Die letzten Tage vorm Tiefschlaf hat er sich geweigert zu sprechen. Oder kann er nicht mehr.
„Du würdest ihn nicht mehr erkennen“, ich will auch nicht. Ich biete nur an, bis zur Station mit zu kommen und dann aufzufangen. Ich will ihn nicht so sehen und von der Intensivstation hab ich wohl ein lebenslanges Trauma.

Letztens hat sie gestanden, daß sie seit Jahren in Angst lebt. Schwerdepressive neigen dazu nicht allein in den Tod zu gehen. Was für ein Leben. Dahingegen scheint es eine Lappalie zu sein, was mir mein Vater ist.

Ich weiß nicht, ob ich gute Besserung oder ein schnelles Ende wünschen soll. Sie weiß es auch nicht.

Am liebsten tät ich Godot packen und ihn dorthin verfrachten. Ihn die Demenz erleben lassen, zwingen hinzusehen, was aus der Familie geworden ist, wie die Krankheit die Menschen zerfrißt. Niemand hat ein Alkoholproblem. Warum müssen es dann 4 große Bier in einer Stunde sein? Und selbst, wenn die 6 großen alkoholfrei waren, wenn ich ins Auto einsteig und die Fahne riech, kann was nicht stimmen.

„Wir haben heute ja gar keinen sauren Apfel getrunken“, nein haben wir nicht.
Und dann der andre Freund, der mit mir nicht Silvester feiern wollte, denn „Du trinkst keinen Alkohol, das ist nicht lustig“. Ist es auch nicht, ich bestimme selbst wann und wie ich lustig bin, dazu brauch ich keinen Alkohol.
Mein Glück ist wohl, daß ich dank meines Vater zu den Heulern gehöre. Ein wenig zu viel Alkohol und ich schaue, daß ich Land gewinne, denn wenn die Mauern und Dämme dann kippen, brauch ich kein Publikum.

Ich kann nichts für sie tun. Bloß immer wieder nachfragen, da sein, zuhören, auffangen, aufbauen. Am liebsten tät ich ihm in den Arsch treten. Das hätte aber keinen Sinn, derart dement tät er das wohl nicht mal merken… Alkohol macht Birne hohl und Familien kaputt.

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ich habe das auch schon erleben dürfen. Der Vater einer meiner Verflossenen hatte da auch dieses Problem gehabt. Wenn man es nicht erlebt, kann man sich die Wut, Verzweiflung, den Schmerz, die Trauer und die Enttäuschung nicht vorstellen.
Von daher kann ich mich deinem letzten Ausspruch nur anschliessen!

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Mein Bruder ist über 30 und hat in seinem Leben noch keinen Alkohol getrunken. Er will nicht. Und ist doch auf jeder Party dabei und hat seinen Spaß. So ein Spruch wie der "Freund" oben ist der größte Scheiss! Schöne Grüße. Er ist eine arme Sau! Geistig.

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Hab ich mir schon ganz oft gedacht : )

Godot hat letzten Freitag ja versucht mich abzufüllen. Ich verstehe nicht, was an 20 (und mehr) deutlichen "KEIN Alkohol für mich" nicht verständlich war.
Oder er legt es wirklich drauf an, daß ich wen niederschlag (war nach dem 3ten ziemlich agressiv und gewaltbereit - wurde ja auch ne Menge geschubst dort... der Gartenzwerg hatte bloß Glück, daß ich mich an niemand vergreif, der net mind. ne Handbreit höher ist als ich. Nüchtern sowieso net..-denk ich).

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Tut mir leid all das zu lesen. Frag mich nur, wer dich auffängt!

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Ist zum Glück nicht meine Familie. Bin nur immer am Überlegen, wie ich die Freundin da halbwegs auf andre Gedanken bring (morgen gehen wir beim textilschweden vllt ne Menge Kohle aus).
Ihre Mutter schiebt ihr ja an allem die Schuld zu...

Schuld, daß sie solange beim Vater geblieben ist. Schuld, daß sie geschieden sind. Schuld, daß die Sonne aufgeht. Dabei gibts Selbsthilfegruppen für Angehörige - aber nein, wir haben kein Problem, wir müssen da nicht hin.
Therapie wo anfangen, ach keine Zeit, der Hund ist solange allein (gut, daß es für alles ne Ausrede [und den Scheißköter] gibt).


Sorry Süße, Du weiß, was ich mein.

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